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Der Forschungskreislauf im Sachunterricht

In den ersten beiden Schuljahren erfolgt der Übergang vom willkürlichen, spielerischen Erkunden und Erproben hin zur systematischen und gezielten Durchführung von Versuchen und Experimenten. Das Experimentieren im Sachunterricht bringt verschiedene positive Aspekte mit sich. So dient es zum einen der Veranschaulichung und dem Verständnis, denn das eigene Tun unterstützt die Denkprozesse der Schülerinnen und Schüler. Durch das selbstbestimmte Arbeiten fördert das Experimentieren zum anderen den Aufbau und den Erhalt der intrinsischen Motivation. Außerdem unterstützt es das (natur-)wissenschaftliche Denken und Arbeiten, indem wissenschaftliche Methoden wie das Beobachten oder das Dokumentieren gelernt werden.

Durch passende Lernsituationen und geeignete Strukturierungen können die Kompetenzen des Experimentierens und die damit verbundenen naturwissenschaftlichen Methoden schrittweise angebahnt werden. Für diese schrittweise Aneignung bietet sich der Forschungskreislauf nach Marquardt-Mau (2011) besonders gut an. Dieser ist als Modell bzw. Werkzeug zu verstehen, der aufzeigt, wie Schülerinnen und Schüler experimentieren könnten. Er bietet eine Orientierung, die Reihenfolge muss aber nicht immer akribisch eingehalten werden. So könnten Schritte übersprungen oder Rückschritte gemacht werden. Marquardt-Mau geht von acht Schritten aus (vgl. Marquardt-Mau, 2011, S. 37). Im Rahmen dieser Unterrichtsreihe wurden einzelne Schritte des Forschungskreislaufs zur didaktischen Reduzierung zusammengefasst und umformuliert, sodass der Forschungskreislauf in dieser Reihe aus fünf Schritten besteht.

Die Dokumentation nimmt während den verschiedenen Phasen des Forschungskreislaufs eine wichtige Rolle ein. Sie hilft den Kindern, sich an die gemachten Beobachtungen zu erinnern und ihren eigenen Lernprozess zu reflektieren. Im Sinne eines sprachsensiblen Sachunterrichts müssen die Kinder in ihrem Lernprozess bzw. bei der Dokumentation der Ergebnisse unterstützt werden. Hierbei bietet es sich an mit wiederkehrenden Symbolen oder Abbildungen (z. B. für die einzelnen Phasen des Forschungskreislaufs) zu arbeiten. Die Vermutungen könnten beispielsweise durch Ankreuzen erfolgen (z. B. „Vermute. Welche Farben siehst du im Dunkeln? Kreuze an.“) als Tonaufnahme vorgelesen werden, die die Kinder dann eigenständig abspielen können. Die Ergebnisse könnten von den Kindern fotografisch oder mithilfe einer Ton- oder Videoaufnahmen digital dokumentiert werden. (Verlinkung Beitrag digitale Dokumentation) Die Einführung eines Wortspeichers, auf den die Kinder jederzeit zurückgreifen können, ist für die Kinder ebenfalls von großer Bedeutung. Wichtige Begriffe des Forschungskreislaufes oder der einzelnen Versuche und verschiedene Formulierungshilfen (z. B. „Ich habe beobachtet, dass...“) werden eingeführt, schriftlich festgehalten (im Sinne eines sprachsensiblen Unterrichts wäre es sinnvoll gegeben falls auf bildliche Veranschaulichungen zurückzugreifen) und im Klassenraum gut sichtbar aufgehangen. Der Wortspeicher hilft den SuS vor allem bei der Dokumentation und Verbalisierung ihrer Beobachtungen. Nachfolgend werden die einzelnen Schritte des Forschungskreises erläutert.

1. Forschungsfrage stellen

Ausgangspunkt für das Experimentieren ist eine geeignete Fragestellung. Im Idealfall wird diese von den Schülerinnen und Schüler selbst entwickelt oder entsteht im Klassengespräch. Geeignete Lernarrangements oder unerklärbare Phänomene, die bei den Schülerinnen oder Schülern Fragen auslösen, eignen sich für das Erarbeiten einer solchen Forschungsfrage und könnten von der Lehrperson präsentiert werden. Die Forschungsfrage sollte sowohl von der Lehrperson als auch von den Schülerinnen und Schüler selbst verschriftlicht werden, sodass allen klar ist, welcher Frage nachgegangen wird.

2. Vermutungen sammeln und aufschreiben

Bevor die Schülerinnen und Schüler mit dem Experimentieren beginnen, sollten sie unbedingt die Gelegenheit erhalten, eine Vermutung zu der zuvor formulierten Forschungsfrage zu formulieren. Einzelne Vermutungen können auch im Klassengespräch gesammelt werden, sollten aber auch unbedingt von jedem Kind selbstständig aufgeschrieben werden. Wichtig ist den Kindern deutlich zu machen, dass jeder eine andere Vermutung haben und es keine falschen Vermutungen geben kann. Auf alle Vermutungen muss wertfrei und wertschätzend reagiert werden. Es geht darum, dass sich die Schülerinnen und Schüler der Bedeutung ihrer Vermutungen bewusstwerden, diese durch das Experimentieren überprüfen, um sie schließlich zu bestätigen oder zu widerlegen.

3. Versuch planen und durchführen

Nun geht es darum, die zuvor formulierten Vermutungen der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen. Dies kann angeleitet erfolgen, in dem genau vorgegeben ist, welche Materialien benötigt werden und wie vorgegangen werden soll, um die Forschungsfrage zu beantworten (Laborieren/Versuch). Beim Experimentieren bzw. Explorieren planen die Kinder eigenständig, wie sie die Forscherfrage beantworten können. Dabei sollte die Lehrperson den Kindern unterstützend zur Seite stehen, indem sie die Schülerinnen und Schüler berät oder Tipp-Karten zur Verfügung stellt. In dieser Phase eignen sich kooperative Lernformen wie die Partner- oder Gruppenarbeit im besonderen Maße. Die Kinder überlegen gemeinsam, wie sie vorgehen könnten, unterstützen sich und regen sich gegenseitig zum Nachdenken an. Durch diese Teamarbeit werden neben den naturwissenschaftlichen Kompetenzen auch die sozialen Fähigkeiten gefördert und gefordert.

Die naturwissenschaftliche Methode des Dokumentierens nimmt auch in dieser Phase eine zentrale Rolle ein. So sollten die Kinder unbedingt den Versuchsaufbau aufmalen oder mit Worten beschreiben, wie sie vorgegangen sind, um die jeweilige Forschungsfrage zu beantworten.

4. Beobachten

Das aufmerksame und geduldige Hinsehen und Beobachten stellt eine zentrale Teilkompetenz des Forschens dar, die von den Schülerinnen und Schülern gelernt werden muss. Beobachten beschreibt „das Wahrnehmen von naturwissenschaftlichen Phänomenen mit Hilfe der Sinnesorgane“ (Mikelskis-Seifert, S. 11). Zu den Sinnesorganen zählt das Fühlen, Sehen, Hören, Riechen und Schmecken. Wichtig ist das zielgerichtete Beobachten. So sollte den Schülerinnen und Schülern immer klar sein, welcher Fragestellung sie nachgehen wollen und was genau beobachtet werden muss.

5. Forschungsfrage beantworten

Nun gilt es die zuvor formulierte Forschungsfrage mithilfe der gemachten Beobachtungen und Erfahrungen zu beantworten. Dies sollte im gemeinsamen Klassengespräch erfolgen, um die Kinder besser zu unterstützen und einen gemeinsamen Austausch zwischen den Schülerinnen und Schülern zu gewährleisten. Zu Beginn sollte auch hier noch einmal die Forschungsfrage wiederholt werden. Weitere Fragen wie „Was hat dich überrascht?“, „Wie bist du vorgegangen?“ oder „Was hast du herausgefunden?“ könnten das Gespräch leiten. Die Lehrperson sollte sich hierbei zurückhalten und lediglich den Austauschprozess zwischen den Schülerinnen und Schülern moderieren. Mit dieser letzten Phase ist der Forschungsprozess oft nicht abgeschlossen. Es entstehen neue Fragen, die ausgiebig untersucht werden könnten oder es wird festgestellt, dass die Forschungsfrage mithilfe des Versuchs nicht beantwortet werden konnte, sodass ein anderer Versuch durchführt werden muss, um zu einer Antwort zu gelangen. So beginnt der Forscherkreislauf immer wieder von Neuem.