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Murmelbahnen aus Papier

Papier in der verwendeten Blattstärke (160 Gramm) verfügt über eine geringe Eigenstabilität. Um Murmelbahnen aus diesem Werkstoff bauen zu können, muss die Stabilität der Bahn unter Anwendung von Grundprinzipien der Baustatik hinreichend erhöht werden.

Aus statischer Sicht sind vor allem zwei Konstruktionsprinzipien hilfreich, um das Durchbiegen zu reduzieren: Der Einsatz von Profilen und die Unterstützung mittels stabiler Dreiecke.

Materialbelastungen auffangen: Stabilität durch Verformung

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Um das Papier tragfähiger zu machen, wird der Umstand genutzt, dass es durch längslaufende Verformung an Stabilität gewinnt. Dabei bleibt der Querschnitt über der ganzen Länge gleich und bildet typische Formen, wie U-, L-, oder T-Profil. Neben diesen offenen Profile gibt es auch geschlossene Formen, mit beispielsweise rundem, dreieckigem oder viereckigem Querschnitt (O-Rohr-, Dreiecks-und Vierecksprofil) (vgl. Lemmen, K., Möller, K., Zog, M.: Klasse(n)kisten für den Sachunterricht. „Brücken -und was sie stabil macht“, Spektra-Verlag, Essen 2009, v.a. S. 19-21). Die vorgenommene Formveränderung bewirkt, dass sich das Papier unter Belastung weniger durchbiegt und so auch größere Murmeln tragen kann. Die wesentliche Belastung für die Murmelbahn entsteht durch das Gewicht der Murmeln und ist somit nach unten gerichtet. Abgesehen davon erfährt die Bahn in Kurvenbereichen mit hoher Murmelgeschwindigkeit noch Belastung in Laufrichtung, der durch Verlangsamung der Murmel oder Verstärkung der Leitplanken begegnet werden kann. Den mit Abstand größten Einfluss auf die Biegsamkeit hat die Materialausdehnung in Richtung der wirkenden Kraft. Da ein grundsätzlich dickeres Material (zum Beispiel Fotokarton oder Pappe) durch die vorgegebenen Materialvorgaben nicht zur Verfügung steht, müssen von den Kindern Profile verwendet werden, deren Stege in Kraftrichtung ausgeprägt sind.

Hinzu kommt der Vorteil, dass einige Profile zusätzlich Laufrinnen bilden, in denen die Kugel geführt und so in der Bahn gehalten wird. Im Alltag finden sich Profile in allen Bauwerken und vielen Alltagsgegenständen wieder, da sie bei hoher Tragfähigkeit enorm material-und gewichtssparend sind (z.B. Wellblechdach, Wellpappe). Dies kann besonders bei Stahlkonstruktionen, wie Baukranen oder Brückenträgern, beobachtet werden. Aber auch Wellpappe ist ein Beispiel für den Einsatz besonders stabiler Zickzackprofile, die Papier tragfähiger machen, ähnlich, wie dies bei Wellblechdächern der Fall ist.

Kräfte ableiten: Stabilität durch Dreieckskonstruktionen

Um aus den Fahrrinnen eine Murmelbahn konstruieren zu können, ist ein stabiles Trägerwerk notwendig. Dessen Bauweise orientiert sich an dem Prinzip der Skelettbauweise, die sich beispielsweise im Fachwerkbau findet. Es handelt sich dabei um eine Verbindung von Trägern und Stützen, die ein skelettartiges Tragwerk bilden. Bei dem Bau der Murmelbahnen wird von den Schülerinnen und Schülern der Einfluss der horizontal wirkenden, also durch die rollende Murmel initiierten, Kraft in der Regel unterschätzt. Während Stempel unter der Fahrrinne das reine Gewicht (= stabile Kraftkomponente) tragen können, erfordert es sogenannte stabile Dreiecke im Trägerwerk, um die zusätzlichen Kräfte, welche durch die rollende Murmel erzeugt werden (= dynamische Kraftkomponente), in das Fundament/ die Unterlage ableiten zu können. Hochspannungsmasten sind ein allgemein bekanntes Beispiel für den Einsatz eines Tragwerks mit stabilen Dreiecken.

Beim Bau der Murmelbahnen wird die Reduzierung der Bauteile und Materialstärken, anders als bei technischen Bauwerken, nicht vorab von den Kindern berechnet, sondern ergibt sich aus dem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Material und der Verarbeitung des Werkstoffs Papier. Der Effekt von Profilen und stabilen Dreiecken lässt sich am Beispiel von Papier sehr eindrucksvoll unter Beweis stellen

Schwerkraft und Gefälle, Trägheit und Reibung

„Kugelbahnen gehören physikalisch in den Bereich der Kinetik (Lehre von den Bewegungen unter dem Einfluss innerer und äußerer Kräfte).“ (Stuber 2010). Betrachtet man das Rollen der Kugel in der Bahn, geht es bei Kugelbahnen „um Schwerkraft und Gefälle und -in zweiter Linie -um Trägheit und Reibung.“ (Haus der kleinen Forscher 2012, S. 14) Schwerkraft und Gefälle sind notwendig, damit die Kugel überhaupt ins Rollen kommt. Je steiler die Bahn, desto höher ist die Beschleunigung der Kugel. Der Aspekt der Trägheit kommt dann zu Tragen, wenn die Kugel in der Bahn die Richtung ändern soll. Er bezeichnet das Bestreben aller dynamischer Körper, ihre Bewegung unverändert fortzusetzen. Es bedarf also äußerer Kräfte bzw. der hinreichenden Widerstandsfähigkeit eines Hindernisses, um die ursprüngliche Bewegung umzulenken oder zu stoppen. Das Trägheitsmoment ist daher auch dafür verantwortlich, dass die Kugel bei Richtungsänderungen aus der Bahn geworfen werden kann. Um das zu verhindern, kann es notwendig werden, entweder die Steigung zu reduzieren bzw. die Bewegung der Kugel anderweitig zu verlangsamen oder die Seitenwand entsprechend zu erhöhen und zu verstärken, um die Kugel so umlenken zu können.

Die Reibung hat ebenfalls einen zentralen Einfluss auf das Rollverhalten der Kugel. „Ohne Reibung gibt es kein Rollen. Zu viel Reibung behindert aber das Rollen.“ (Littwin & Ruthenkolk 2015,S. 35). Bei der verwendeten Materialkombination von Glasmurmeln und Papier kann der Effekt der Reibung vernachlässigt werden. Kommen jedoch für den Bau der Bahnen weitere Werkstoffe, wie beispielsweise Moosgummi oder Filz zum Einsatz, ist es sinnvoll, den Effekt der Reibung vorab durch Rollversuche zu testen.