Lernen mit Modellen und Analogien
Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit, das durch die bewusste Auslassung bzw. (didaktische) Reduktion von Faktoren/Inhalten auf der einen Seite und der Akzentuierung von Teilaspekten auf der anderen Seite eine erkenntnisfördernde Funktion innehat (Buddensiek 1999).
Was kennzeichnet Modelle?
Nach Stachowiak (1973) ist ein allgemeines Modell durch drei Hauptmerkmale gekennzeichnet:
- Abbildungsmerkmal:
Modelle sind stets Modelle von etwas, nämlich Abbildungen, Repräsentationen natürlicher oder künstlicher Originale, die selbst wieder Modelle sein können (Stachowiak 1973, S. 131). Modelle stehen immer für etwas anderes.
Beispiel: Tellurium – Modell für das Zusammenspiel von Sonne, Erde und Mond. - Verkürzungsmerkmal:
Modelle erfassen im Allgemeinen nicht alle Eigenschaften des durch sie repräsentierten Originals, sondern nur solche, die den jeweiligen Modellerschaffern und/oder Modellbenutzern relevant scheinen (Stachowiak 1973, S. 132).
Beispiel: In einer Schnittzeichnung durch die menschliche Haut können je nach Darstellungsabsicht wahlweise Hautschichten, Haarfollikel, Drüsen oder Sinneszellen dargestellt oder weggelassen werden - Pragmatisches Merkmal:
Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion, d.h. sie werden mit Blick auf einen Verwendungszweck geschaffen. (Stachowiak 1973, S. 132 f). Das bedeutet bei Modellen ist nicht nur die Frage zu beantworten, wovon sie Abbild sind, sondern auch für wen, wann und wozu sie ein Modell sind: - Modelle sind für jemanden (einen Menschen oder einen künstlichen Modellbenutzer, z.B. Computer)
- Modelle erfüllen ihre Funktion in der Zeit, d.h. sie werden für einen spezifischen Zeitraum geschaffen. Beispiel: ein mittelalterlicher Globus (vor der Entdeckung Amerikas)
- Modelle bestehen zu einem bestimmten Zweck. Beispiel: Ein Architekten-Modell für ein neues Einkaufszentrum zur Veranschaulichung des Designs.
Welche Aufgaben erfüllen Modelle?
Modelle können auch nach ihren Aufgabengebieten unterschieden werden, z.B.:
- Strukturmodelle, die den Aufbau und das Aussehen – die Struktur des Originals – veranschaulichen sollen, z.B. ein Torso oder Zeichnung eines menschlichen Körpers
- Funktionsmodelle, die bestimmte Zusammenhänge deutlich machen, z. B. das Ineinandergreifen der Knochen an den Gelenken,
- Denkmodelle, die darstellen, wie man sich bestimmte Sachverhalte vorstellt, z. B. eine mathematische Formel, die einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang beschreibt.
Modelle im Sachunterricht
Harrison & Treagust (2000) unterscheiden im schulischen Kontext verschiedene Modelltypen. Dabei spielen im naturwissenschaftlich-technischen Sachunterricht in der Grundschule vor allem Analogiemodelle, ikonische bzw. symbolische Modelle, Karten, Diagramme und Tabellen eine wichtige Rolle. Theoretische oder Konzept-Prozess-Modelle müssen dem Entwicklungsstand der Kinder entsprechend über Analogien veranschaulicht werden - häufig verwendet werden Maßstabs- und Funktionsmodelle, ikonische Modelle (v.a. Abbildungen) oder Animationen.
Funktionsabläufe können sehr eindrucksvoll auch enaktiv-handelnd veranschaulicht werden („lebendes“ oder aktionales Modell), indem Kinder das Zusammenspiel einzelner Funktionselemente nachspielen (z.B. die Aggregatzustände von Wasser mit dem Teilchenmodell der Chemie, die Interaktion von Sensoren, Prozessor und Aktoren in einem digitalen Gerät oder die Abläufe zwischen Computer und Server beim Abruf einer Internetseite)
Analogiemodelle
Ikonische und symbolische Modelle
Karten, Diagramme und Tabellen
Theoretische Modelle
Maßstabsmodelle
Wichtig ist, dass die verschiedenen Modelltypen nicht strikt voneinander getrennt betrachtet werden können. Zwischen den einzelnen Typen bestehen Schnittmengen und Interaktionen.
Da Modelle auch immer für jemanden sind, sollten bei deren Auswahl für den Unterricht die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe eine zentrale Rolle spielen. Ebenso kann es hilfreich sein, verschiedene Modelle in Bezug auf eine Problemstellung in den Unterricht einzubringen, um den Kindern zu zeigen, dass kein Modell komplett oder „richtig“ ist (Harrison & Treagust 2000).
Am Ende einer Unterrichtsreihe, in der Modelle genutzt wurden, können diese z.B. mit den drei folgenden Fragen kritisch reflektiert werden:
1. Worin stimmen Modell und Original überein?
2. Was ist im Modell vereinfacht dargestellt?
3. Was ist am Modell anders?
Modellieren
Modellieren bezeichnet den Prozess, ein Modell zu erstellen oder es zu verändern, um ein Problem zu lösen oder einen Sachverhalt zu verstehen. Es ist eine aktive Tätigkeit, bei der durch Analysen und Entscheidungen eine vereinfachte Darstellung der Realität entwickelt wird.
Vertiefende Informationen finden Sie unter dem didaktischen Schwerpunkt „Modellieren“.