Perspektivrahmen
Die Kompetenzbeschreibungen sind entnommen aus: GDSU (2013): Perspektivrahmen Sachunterricht. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn.
Naturwissenschaftliche Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen
1. Naturphänomene sachorientiert (objektiv) untersuchen und verstehen
Charakteristisch für (natur-)wissenschaftliches Vorgehen ist das Bemühen um eine möglichst große Objektivität (Unabhängigkeit vom Beobachter) und Sachbezogenheit. Es bildet die Voraussetzung, um evidenzbasierte Entscheidungen treffen bzw. entsprechende Urteile fällen zu können. Eine zentrale Rolle beim naturwissenschaftlichen Lernen spielt das Beantworten von Fragen an die Natur (Problemlösen), wobei zunehmend bewusst und intentional explizite Fragestellungen durch Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden beantwortet und die gefundenen Ergebnisse im Hinblick auf die Problem- bzw. Fragestellung bewertet werden.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- die Notwendigkeit der Evidenzprüfung durch Anwendung naturwissenschaftlicher Verfahren erkennen und diese anwenden
- erste Modellvorstellungen von Naturphänomenen aufbauen (z.B. Naturphänomene in einfachen Prinzipmodellen wiedererkennen) sowie den interpretativen Charakter von Wissen und Modellen (als keine 1:1 Abbilder der Realität)
- Grenzen der naturwissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten (z.B. bei normativen Fragen) erkennen erkennen
- aus naturwissenschaftlichen Phänomenen sinnvolle Fragen ableiten
- einfache Versuche zur Überprüfung von Vermutungen bzw. zur Widerlegung von Vermutungen beraten, planen und durchfuhren
- komplexere Versuche nach Anleitung zunehmend selbständig durchführen und auswerten
- Widersprüche und Unstimmigkeiten beim Untersuchen von Naturvorgängen erkennen, verständlich sprachlich darstellen und bei der Interpretation der Untersuchungsergebnisse berücksichtigen
2. Naturwissenschaftliche Methoden aneignen und anwenden
Grundlage des erkenntnisorientierten naturwissenschaftlichen Handelns sind naturwissenschaftliche Methoden. Diese sollen von den Schülerinnen und Schülern (als Lernhandlungen) angeeignet und zunehmend intentional und bewusst angewendet werden.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- Untersuchungen sachorientiert (z.B. durch betrachten, beobachten, vergleichen, benennen, beschreiben...) durchführen
- Beobachtungen miteinander vergleichen und dabei zunehmend sachbezogene Merkmale (wie z.B. Körperbau, Verhaltens- bzw. Lebensweise bei Lebewesen; Gewicht, Volumen, Geschwindigkeit, Temperatur, Aggregatzustand) benutzen
- Materialien und Gegenstände nach ausgewählten Eigenschaften (z.B. Löslichkeit, Brennbarkeit, Gewicht, Volumen, Elastizität, elektrische Leitfähigkeit, Magnetismus) klassifizieren und ordnen
- diskursiv verabreden oder selbstständig festlegen, was untersucht werden soll und wie das am besten geschehen kann
- die Bedeutung von gezielter Parametervariation bei Versuchen verstehen und solche Variablenveränderungen selbstständig durchführen
- ausgewählte Größen messen und die Messwerte für Vergleiche nutzen
- sinnliche Wahrnehmungen und gemessene Größen geeignet (sprachlich, zeichnerisch bzw. grafisch) fixieren und eindeutig darstellen (insbesondere mit einfachen Tabellen, Skizzen und Diagrammen)
- methodisch gesicherte Größen von subjektiven/ individuellen Interpretationen unterscheiden
3. Naturphänomene auf Regelhaftigkeiten zurückführen
Charakteristisch für naturwissenschaftliches Denken ist der Versuch, Phänomene der Natur auf Regelhaftigkeiten zurückzuführen und auf diese Weise zu verstehen und zu erklären. Dies führt zu naturwissenschaftlichen „Gesetzmäßigkeiten", die sich dann in der Erklärung neuer Phänomene bewähren müssen. Somit ist es erforderlich, die hinter der Oberfläche der Phänomene (und damit außerhalb der direkten Wahrnehmbarkeit) liegenden Regelhaftigkeiten der Naturvorgänge zu suchen, zu erkennen und geeignet sprachlich darzustellen.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge erkennen (z.B. die Verdrängung von Wasser durch Luft) und angemessen sprachlich darstellen
- Veränderungen in der nicht lebenden und lebenden Natur wahrnehmen und auf Regelhaftigkeiten zurückführen (z.B. Energie als wesentliche Bedingung von Naturvorgängen, Erhaltung und Energieumwandlung, Veränderung und Umwandlung von Stoffen, Kreisläufe sowie Bewegung, Ernährung, Wachstum und Entwicklung als Merkmale des Lebens) einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge erkennen (z.B. die Verdrängung von Wasser durch Luft) und angemessen sprachlich darstellen
- Systeme (definiert durch Abhängigkeiten und Wechselwirkungen ihrer Systemelemente) in der Natur exemplarisch erkennen (z.B. Lebensräume wie Teiche, Wälder, Wiesen oder Hecken, oder Zusammenhänge wie die Nahrungskette oder Kreisläufe)
4. Konsequenzen aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen für das Alltagshandeln ableiten
Unser Leben ist von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Errungenschaften geprägt. Um in der Lebenswelt kompetent handeln zu können, ist naturwissenschaftliches Verständnis sowie die Bereitschaft zu seiner Umsetzung erforderlich. Deshalb sollen Kinder gelernt haben, Ursache- und Wirkungszusammenhänge in der Natur zu erkennen und die gewonnenen Erkenntnisse im Handeln anzuwenden.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- die Abhängigkeit der lebenden (Pflanzen, Tiere, Menschen) von der nicht lebenden Natur (z.B. Boden, Wasser, Luft) erkennen, exemplarisch begründen und dabei die Begründungen verständlich kommunizieren
- die Notwendigkeit eines verantwortlichen Umgangs mit der Natur unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit begründen
- aus diesen Erkenntnissen eigene Verhaltenskonsequenzen für den Alltag ziehen
5. Naturwissenschaftliches Lernen bewerten und reflektieren
Bestandteil erfolgreichen (naturwissenschaftlichen) Lernens ist die zu erwerbende Fähigkeit, den eigenen Lernweg geeignet strukturieren, mit Blick auf das Erkenntnis- bzw. Lernziel bewerten sowie Erkenntnisse und Lernwege sprachlich klar darstellen und argumentieren zu können.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- geeignete Informationsquellen auswählen und sachgemäß nutzen, um Fragen zu klären (z.B. Bücher, Internet, andere Kinder, Lehrerinnen, andere Erwachsene, Ausdenken eines geeigneten Versuchs)
- Vorstellungen und Vermutungen entwickeln, sprachlich verständlich darstellen und miteinander vergleichen; dabei auswählen, begründen und argumentieren, was besonders überzeugt und warum
- anderen einen Sachverhalt unter Nutzung und Anwendung der gefundenen Lösungen und Erkenntnisse erklären und dabei sprachlich verständlich und angemessen argumentieren
- ihren Lernprozess in größeren Einheiten zusammenfassen und dabei strukturierende Hilfen (Lernmodelle - z.B. in Form das Lernhandeln geeignet orientierender Schrittfolgen wie etwa eines Algorithmus für das Experimentieren) nutzen
Naturwissenschaftliche Themenbereiche / Konzepte
1. Nicht lebende Natur - Eigenschaften von Stoffen/ Körper
Körper bzw. Stoffe weisen (physikalische und chemische) Eigenschaften auf, die im Alltag und der Arbeitswelt für menschliche Zwecke genutzt werden. Beispiele sind u.a. der Aggregatzustand, die Brennbarkeit oder die Lösbarkeit, z.B. in Ab- hängigkeit von der Temperatur oder dem Stoff. Physikalische Eigenschaften der Körper können mit entsprechenden (Zustands-)Größen gemessen und beschrieben werden. Beispiele dafür sind Gewicht, Volumen, Luftdruck, Weg, Zeit, Geschwindigkeit oder Energie. In diesem Themenbereich sind in besonderem Maße Verknüpfungen zur technischen sowie zur geographischen Perspektive gegeben.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- chemische Eigenschaften von Stoffen geeignet nachweisen und untersuchen (z.B. Brennbarkeit, Rosten)
- physikalische Eigenschaften von Körpern exemplarisch erfassen (messen) und beschreiben (z.B. Fähigkeit, Strom zu leiten, (Ferro-)Magnetismus, Geschwindigkeit, Gewicht, Kraft - Druck, Löslichkeit, Temperatur, Volumen, Weg, Zeit)
- die Bedeutung (Nutzen und Gefahren) der entsprechenden Eigenschaften für den Menschen erfassen und geeignet dokumentieren
2. Nicht lebende Natur - Stoffumwandlungen
Stoffumwandlungen sind Vorgänge/ Prozesse, bei denen sich Stoffe verändern. Zur Beschreibung der dabei feststellbaren Regelhaftigkeiten werden Konzepte wie z.B. das Konzept der Erhaltung von Materie / Energie und der Energie benutzt. In diesem Themenbereich sind in besonderem Maße Verknüpftungen zur technischen sowie zur geographischen Perspektive gegeben.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- Rosten und Verbrennung als Umwandlung von Stoffen beschreiben
- an Beispielen aus dem Alltag (Ofen/ Heizung) Verbrennung als Umwandlungsprozesse von chemischer Energie in Wärmeenergie beschreiben und entsprechende Energieträger (z.B. Holz, Kohle, Gas, Öl) benennen und unterscheiden
- am Beispiel nachwachsender (Holz) und fossiler Brennstoffe (Kohle, Öl) den Kohlenstoffkreislauf beschreiben und ökologisch bewerten
- Möglichkeiten eines nachhaltigen Umgangs mit Energie (Energiesparen, umweltverträgliche Energieträger, effizienter Umgang mit Energie) erkunden und mögliche Handlungsoptionen ableiten
3. Nicht lebende Natur - physikalische Vorgänge
Körper verändern sich in physikalischen Vorgängen/ Prozessen (der Stoff bleibt dabei erhalten). Diese weisen grundlegende Regelhaftigkeiten auf, zu deren Beschreibung wesentliche Konzepte genutzt werden (z.B. Konzept der Erhaltung von Energie, Konzept der Wechselwirkung und der Energie). In diesem Themenbereich sind in besonderem Maße Verknüpfungen zur technischen sowie zur geographischen Perspektive gegeben.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- Veränderungen von Körpern in einfachen physikalischen Vorgängen (z.B. Veränderung des Aggregatzustands, Verdrängung, Schwimmen und Sinken, Kraftwirkungen, Magnetismus, Schall, Licht und Lichtausbreitung oder Wärmedämmung) untersuchen, beobachten und beschreiben
- erkennen, dass sich Körper (allgemeiner: Materie) in ihrem Verhalten nur dann verändern, wenn auf sie ein Einfluss ausgeübt wird
- einfache Kreisläufe (z.B. den Wasserkreislauf) beschreiben
- Energiearten (z.B. Wärme-, Bewegungs- und elektrische Energie) unterscheiden
- an Beispielen aus dem Alltag Umwandlungsprozesse zwischen den Energiearten beschreiben (z.B. mechanische in elektrische Energie und umgekehrt - Dynamo / Generator, Motor)
- ausgewählte Phänomene in der Natur und im Alltag mit Hilfe des Konzepts der Wechselwirkung beschreiben (z.B. die Bewegung und Stellung der Himmelskörper)
- den Verlust an technisch nutzbarer Energie als Qualitätsmerkmal bei der Bewertung von Energieumwandlungen anwenden und daraus Handlungsoptionen ableiten
- erste Modellvorstellungen über den Aufbau der Materie entwickeln und anwenden (z.B. das Lösen und Verdunsten von Stoffen, der Substanzcharakter von Luft und anderen Gasen, einfache Teilchenvorstellung)
4. Lebende Natur - Pflanzen, Tiere und ihre Unterteilungen
Die lebende Natur weist eine große Vielzahl an Arten auf (z.B. Kräuter, Sträucher, Bäume; Insekten, Fische, Amphibien, Vögel, Säugetiere), die spezifisch an die Umwelt, in der sie leben, angepasst sind. Ein wichtiges Kennzeichen für eine intakte Natur ist ihr Artenreichtum. Anhand der Morphologie (Aufbau / Teile der Pflanze; Körperbau von Insekten und Wirbeltieren; Körperbau des Menschen) sowie der jeweils besonderen Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren (Menschen) in ihrer Lebensumwelt / ihrem Biotop wird das Merkmal der Angepasstheit deutlich. In diesem Themenbereich sind in besonderem Maße Verknüpfungen zur geographischen Perspektive gegeben.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- typische Pflanzen und Tiere in verschiedenen Biotopen beschreiben, erkennen, benennen und unterscheiden
- morphologische Merkmale von Pflanzen (Teile der Pflanze) und Tieren (Körperbau) untersuchen, benennen, beschreiben und vergleichen
- Lebensbedingungen und -vorgänge von Pflanzen und Tieren bezogen auf die Merkmale Ernährung, Fortpflanzung, Entwicklung untersuchen, beschreiben und vergleichen
- die Pflege von Pflanzen in geeigneter Weise gestalten (z.B. im Schulgarten, bei der Gestaltung eines Frühbeetes oder bei Zimmerpflanzen)
5. Lebende Natur - Entwicklungs- und Lebensbedingungen von Lebewesen
Pflanzen und Tiere leben in verschiedenen Lebensräumen (Biotope — z.B. Meere, Seen, Teiche, Flüsse, Felder, Wiesen, Wälder), an die sie angepasst sind. Diese und ihren Artenreichtum gilt es zu schützen und zu bewahren, wenn der Mensch gestaltend in die Natur eingreift. Dieser Gedanke ist zentral bei der Bewertung menschlichen Handelns und Verhaltens in Bezug auf die lebende Natur (z.B. in Bezug auf Wild-, Nutzpflanzen und -tiere) und wichtiges Anliegen des Natur- und Umweltschutzes, gerichtet auf die Gewährleistung der natürlichen Lebensbedingungen der entsprechenden Biotope sowie in der Wechselwirkung von lebender und nichtlebender Natur. Dieser Themenbereich beinhaltet verschiedene Elemente des perspektivenübergreifenden Themenbereichs „nachhaltige Entwicklung" [...]. Von daher sind hier in besonderem Maße Verknüpfungen zu sämtlichen anderen Perspektiven gegeben.
Die Schülerinnen und Schüler können:
- beschreiben, in welcher Weise Pflanzen und Tiere mit ihrer Umgebung in enger Beziehung stehen und in welcher Weise Anpassungsvorgänge stattgefunden haben (z.B. Blatt- und Blütenformen bei Pflanzen oder Bildungen der Haut, wie Haare, Nägel, Hufe, Klauen, Krallen oder Schwimmhäute bei Tieren)
- erkennen, dass Natur- und Umweltschutz auf den Erhalt der Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren (Menschen) gerichtet sein müssen (z.B. die Bedeutung der Erhaltung von Hecken oder Feuchtwiesen)
- die Verantwortung des Menschen für den Schutz der natürlichen Lebensbedingungen der Wildpflanzen und -tiere sowie eine artgerechte Pflanzung/ Pflege der Pflanzen bzw. Haltung der Tiere ableiten
- den Unterschied zwischen Wild- und Nutzpflanzen bzw. -tieren erkennen und beschreiben