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Portfolios - Leistungsbewertung und Kompetenzentwicklung

Kinder sind von sich aus, unabhängig von äußeren Anreizen, zu Leistungen motiviert. Könnenserfahrungen sind ein menschliches Grundbedürfnis. Kinder stellen Leistungsanforderungen an sich selbst, indem sie sich den Herausforderungen ihrer Umwelt auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichem Ausmaß stellen. Sie erfahren ihre Leistungsfähigkeit und sind durchaus in der Lage, darüber zu urteilen.

Voraussetzung für das Erbringen solcher intrinsisch motivierter Leistungen ist aber, dass die Leistung und die mit ihr verbundene Anstrengung als subjektiv sinnvoll erlebt wird. Konsequenterweise dürfte Schule nur fordern, was das Kind „auch gerne leisten will und – ein schwieriger Gedanke – später gerne einmal geleistet haben möchte“ (Jürgens 1996). Angesichts der Heterogenität von Grundschulklassen muss der Unterricht Kindern unterschiedliche Möglichkeiten anbieten, Leistungen zu zeigen und die Sinnbezüge des Lernens für die Kinder klar herausstellen.

Leistungsanforderungen sollten daher „Hilfen im Lernprozeß unter dem Gesichtspunkt der Befähigung zur Selbständigkeit und Selbstbestimmung“ (Jürgens 1996) sein. In diesem Sinne sind auch Rückmeldungen über erbrachte Leistungen und Leistungsbewertungen zu verstehen. 

Um welche Leistungen geht es im Sachunterricht?

Lernleistungen im Sachunterricht werden sowohl in Arbeitsergebnissen als besonders auch in Arbeitsprozessen erkennbar - das schließt Anstrengungen und Lernfortschritte ein. Sie drücken sich nicht nur in schriftlichen oder mündlichen Äußerungen, sondern auch in zeichnerischen Darstellungen oder Handlungen aus: Häufig können Kinder ihr Verständnis von Sachverhalten auf enaktiver oder ikonischer Ebene besser zum Ausdruck bringen als verbal. Leistungen im Sachunterricht umfassen deklaratives und prozedurales Wissen, Können, Verstehen und Einstellungen und Haltungen. Sie entstehen als Einzel- oder Gruppenleistung.

Vor allem wird die Qualität sachunterrichtlicher Leistungen erkennbar

  • in der interessiert fragenden Haltung gegenüber Phänomenen der Umwelt,
  • in sachlichen Versuchen des Erklären und Argumentierens,
  • im Austausch mit anderen und dem gemeinsamen Aufbau neuer Verständnisse von Phänomenen,
  • im Gehalt mündlicher Beiträge,
  • im zielgerichteten Entwerfen und Durchführen von Versuchen,
  • im kreativen Entwickeln von Problemlösungen,
  • im kriteriengelenkten Erfinden und Konstruieren,
  • in der themenbezogenen Recherche von Sachinformationen in verschiedenen Medien,
  • im sachgerechten Handhaben von Werkzeugen und Messinstrumenten,
  • in der verantwortungsvollen Pflege von Pflanzen und Tieren,
  • im kritischen Reflektieren und Bewerten eigener und fremder Arbeitsergebnisse und -prozesse,
  • in der adressatenbezogenen verbalen, zeichnerischen und handelnden Darstellung von Gegenständen, Sachverhalten und Zusammenhängen und
  • im sorgfältigen und verständlichen Dokumentieren von neu gewonnenem Wissen.

Inhaltlich wird der Horizont der Leistungen im Sachunterricht durch die fachlichen (und überfachlichen) Kompetenzerwartungen im Lehrplan (und in den Richtlinien) oder im Perspektivrahmen Sachunterricht beschrieben. Dabei sind konzeptbezogene (fachwissenschaftliche Themen und Konzepte) und prozessbezogene (Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen) Kompetenzerwartungen unterscheidbar, die als Bildungsstandards auf unterschiedlichen Niveaus („Anforderungsbereiche“) formuliert werden können; sinngemäß werden hier mit steigendem Abstraktions- und Komplexitätsgrad drei Niveaus unterschieden, die auch als Maßstab der Leistungsanforderung für die Konstruktion differenzierender Lernaufgaben, der Diagnose und Bewertung von Schülerleistungen dienen.

Portfolios sind offenere Varianten des Lerntagebuchs. Sie dokumentieren Arbeitsergebnisse und -prozesse der Schülerinnen und Schüler und können eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumentenformate enthalten, einschließlich Fotos, Videos, Tonaufnahmen, Zeichnungen und Objekten als Anlage. Je nach Zielsetzung und Vereinbarung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern können unterschiedliche Typen von Portfolios entstehen, z.B.

  • Projektportfolio,
  • Vorzeigeportfolio,
  • Lernentwicklungsportfolio (für die Sekundarstufe sind weitere Typen denkbar).

Umfang und Art der Einträge können durch Absprachen gesteuert werden, innerhalb derer die Kinder mehr oder weniger große Gestaltungsspielräume erhalten. Portfolios sind in der Regel Gegenstand eines (von der Lehrkraft in geeigneter Form zu dokumentierenden) Gesprächs, in dem die Leistungseinschätzung der Lehrkraft und die Selbsteinschätzung des Lernenden einfließen. Lernentwicklungen können bei Einsatz des Verfahrens über längere Zeiträume hinweg deutlich sichtbar werden.

„Die Bewertungskriterien müssen den Schülerinnen und Schülern vorab in altersangemessener Form - z.B. anhand von Beispielen - verdeutlicht werden, damit diese Klarheit über die Leistungsanforderungen haben.“ (MSW 2008, S.20)