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Methodische Einbettung philosophischer Gespräche in den pädagogischen Alltag

Um mit Kindern in ein philosophisches Gespräch zu kommen, bedarf es einiger Vorbereitungen, denn gerade im Schulalltag ist es oft nicht möglich, spontan auf philosophische Fragen der Kinder zu reagieren. „Wenn Kinder philosophieren, unterhalten sie sich nicht einfach über ein Thema, sondern versuchen, Antworten auf eine bestimmte (…) Frage zu finden, Begriffe zu klären und Erkenntnisse zu gewinnen.“ Es bietet sich daher an, Fragen, die während einer Unterrichtsreihe auftauchen und nicht durch Recherche, Experimentieren oder Beobachten beantwortbar sind z.B. auf ein Fragenplakat zu sammeln.  Alternativ kann aber auch die Lehrkraft selbst eine Frage zu formulieren, die ein Thema aufgreift, das für die Kinder wichtig und spannend sein könnte. „Was ist die letzte Zahl?“  „Was kommt nach dem Tod?“  „Wie kann man sich die Unendlichkeit vorstellen?“. Ist eine Frage gefunden, stellt diese zwar den Ausgangspunkt dar, Grundlage für produktives, offenes Philosophieren ist jedoch eine Gesprächskultur, die am besten nach und nach in einem festen Rahmen entwickelt wird. Zunächst muss dafür ein Zeitraum geschaffen und ein geeigneter Ort gefunden werden, in dem das Philosophieren regelmäßig stattfinden kann. Da sich das Philosophieren deutlich vom sonstigen Schulalltag abhebt – der Lehrer ist hier kein Wissensvermittler, sondern ebenso Fragender wie die Kinder – sollte sich die Atmosphäre beim Philosophieren vom ´normalen´ Unterricht möglichst unterscheiden.

Zeitrahmen

Philosophieren im Sachunterricht kann auf unterschiedliche Weise organisiert sein und dementsprechend auch zeitlich auf die jeweilige Unterrichtssituation angepasst werden. In dieser Unterrichtsreihe wird das philosophische Gespräch (Nachdenkfragen) und seine besonderen Regeln und Rituale in einer Unterrichtseinheit von etwas 90min eingeführt. Danach ist das philosophische Gespräch ein ständiger Begleiter der Unterrichtsreihe. In jeder Unterrichtseinheit sind dafür 10-15min eingeplant.

Raumgestaltung und Sitzordnung

Da beim Philosophieren alle auf Augenhöhe sind und jeder dem anderen gut zuhören sollte, finden philosophische Gespräche in der Regel in einem Sitzkreis statt. Ideal wäre ein besonders gestalteter, ruhiger »Philosophenraum«. Auch das Philosophieren in Kleingruppen an Gruppentischen ist eine Möglichkeit.

Gruppengröße

Als ideale Gruppengröße haben sich um die 12-15 Kinder bewährt. Hier haben alle die Möglichkeit, zu Wort zu kommen. Gleichzeitig sind es genug, um das Gespräch am Laufen zu halten. Aber auch in einer Schulklasse durchschnittlicher Größe oder in geübten Kleingruppen von 4-6 Kindern sind philosophische Gesprächsrunden sinnvoll und möglich.

Vorbereitung einer philosophischen Einheit – Erstellung einer Mindmap

Um ein philosophisches Gespräch zu moderieren, bedarf es einer gewissen Sicherheit, was das Thema angeht. Philosophisches Hintergrundwissen ist dazu nicht nötig, lediglich das eigene Interesse an einem Thema und die Neugier auf Antworten. Als nützlich hat es sich erwiesen, eine Mindmap zu der philosophischen Frage anzufertigen, die im Zentrum stehen kann. So können die eigenen Gedanken zu einem Thema gefunden und geordnet werden. Auch tun sich hier oft weitere Fragen auf, die notiert werden sollten, um als Impulsfragen für künftige philosophische Gespräche zu dienen.

Rituale

Zusätzlich können – am besten zusammen mit den Kindern – Rituale entwickelt werden, die für das Philosophieren stehen und identitätsstiftend für die Gruppe wirken. Ist einmal eine geeignete Atmosphäre geschaffen, ist es gerade in der ersten Einheit wichtig, grundsätzliche Regeln einer philosophischen Gesprächskultur zu klären.

Zu Beginn wird ein den Kindern bekanntes Bildsymbol in die Mitte gelegt, z.B. ein Bildnis der Büste von Sokrates. Mit diesem visuellen Impuls wird den Kindern deutlich, dass sie 'ab jetzt' philosophische Gespräche über eine bestimmte Fragestellung führen. Darüber hinaus hat sich als hilfreich erwiesen, einen Gesprächsball zu nutzen, der zugleich die wichtigsten Regeln für das Philosophieren symbolisiert und unterstützt: ´Ich lasse den anderen ausreden und höre ihm zu´. (…) ´Ich lache niemanden aus´  (...) ´Ich versuche anderen Kindern direkt zu antworten´ (…).

Einstieg

Der Einstieg in ein philosophisches Gespräch sollte so gewählt sein, dass er zum Thema hinführt, die Personen berührt oder Irritation erzeugt. Auf jeden Fall muss er offen sein und Fragen zulassen, anstatt bereits vorgefertigte Antworten zu liefern. Mögliche Einstiege: Bilderbuch, Geschichte, Fotos, Gedankenexperiment, Spiel ...

Lehrerrolle

Im philosophischen Gespräch erfahren die Kinder, dass sie und ihre Gedanken ernst genommen werden. Es gibt keine Bewertung und kein vordefiniertes Ziel, auf das das Gespräch hinauslaufen soll – die Lehrperson ist hier suchende/r und gleichberechtigte/r Gesprächspartner/in. Die Aussagen der Kinder werden von der Gesprächsleitung daher zunächst nur gespiegelt und zusammengefasst, um den roten Faden nicht zu verlieren. Verschiedene Standpunkte werden so verdeutlicht und hiervon ausgehend kann weitergedacht werden. Die Gesprächsleitung beteiligt sich nicht inhaltlich am Gespräch. Ein Prüfstein für einzelne Meinungen sind jedoch die anderen Philosophierenden: Die Aussagen müssen nachvollziehbar sein. Der, der sie vorbringt, sollte seinen Standpunkt auch erklären können. Eine weitere Aufgabe der Gesprächsleitung ist es daher, nachzuhaken, wenn etwas unklar ist, und nach Beispielen und Begründungen zu fragen.

Philosophische Fragen

Die Lehrkraft gibt die philosophische Frage der Einheit entweder vor oder die Kinder stellen, ausgehend vom Einstieg, ihre eigenen Fragen und stimmen ab, über welche Frage sie philosophieren wollen. Die Frage sollte für das Gespräch nach Möglichkeit für alle gut lesbar in der Mitte des Kreises liegen. So kann das Gespräch immer wieder auf das eigentliche Thema zurückgeführt werden. Beispiele für Moderatorenfragen allgemein und beispielhaft zum Thema Tierhaltung.

Die Methode im Unterrichtsbeispiel:

"Wachtelhaltung in der Schule"